Ä1 zum 1/II/2023

Streichung des Satzes

„Dies kann auch einen Beitrag zur Reduzierung von Fehlanreizen für irreguläre Migration leisten.“

Begründung:

Statt eigene, sozialdemokratische Antworten auf reale Herausforderungen u. a. für die Kommunen, die aus Migrationsbewegungen entstehen, zu finden, würden wir uns mit Begriffen wie „Fehlanreizen“ und „irreguläre Migration“ eine Sprechweise und ein Menschenbild zu eigen machen, die ganz wesentlich von CDU, AfD und anderen konservativen bis nationalistischen Gruppen propagiert werden.

Von Fehlanreizen zu sprechen, suggeriert, dass sich Menschen aufgrund der guten Versorgung und nicht wegen tatsächlicher existenzieller Nöte auf eine Lustreise nach Deutschland begeben. Eine solche Darstellung ist unwissenschaftlich – so gibt es für die Existenz von sogenannten „Pull Faktoren“ keine wissenschaftliche Evidenz, ganz im Gegenteil.

Die Worte „irreguläre Migration“ oder auch „illegale Einwander*innen“ sind Vorverurteilungen. Jede*r Geflüchtete hat das Recht, einen Antrag auf Asyl zu stellen und ein entsprechendes Verfahren zu durchlaufen. Erst wenn dieses Verfahren ergibt, dass kein Asylstatus und auch keine Duldung vorliegen, hält sich ein Mensch „illegal“ bei uns auf. Von den 3,3 Millionen Geflüchteten in Deutschland, sind 279.089 Menschen ausreisepflichtig. 80 Prozent der Ausreisepflichtigen haben den Status der Duldung. Das heißt, in der Bunderepublik können ca. 56.000 Menschen von 3,3 Millionen Geflüchteten abgeschoben werden – 1 bis 2 Prozent. „Abschiebungen im großen Stil“ als eine spürbare Entlastung unserer Kommunen darzustellen, ist Augenwischerei. Mit solchen Scheinargumentationen tragen wir dazu bei, dass die öffentliche Debatte über Migration und Integration ins populistische abrutscht.

Stattdessen sollten wir uns auf die Chancen von Migration konzentrieren und Erfolgsgeschichten eine Bühne geben. Wir begrüßen daher ausdrücklich, dass der Leitantrag vorsieht, die Integration migrantischer Menschen in den Arbeitsmarkt zu erlauben bzw. zu vereinfachen. Dass sich alle Menschen in die Gesellschaft einbringen möchten, in der sie leben, ist das sozialdemokratische Menschenbild, dass wir in die Gesellschaft einbringen sollten, statt zu versuchen, der CDU und AfD in der Migrationsdebatte das Wasser abzugraben.