32/I/2017 Sicherheit durch eine bürgernahe Justiz: Eine starke Justiz erfordert eine aktive Berücksichtigung des Generationenwandels

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Status:
Annahme

Der SPD-Landesverband Brandenburg bekennt sich zu einer starken Justiz, welche die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger garantiert und dabei gleichzeitig deren Bürgerrechte beachtet und absichert. Der Landesverband dankt allen Justizmitarbeiterinnen und Justizmitarbeitern für die vergangenen mehr als 25 Jahre, in denen ein leistungsstarker Rechtsstaat in Brandenburg aufgebaut wurde. Es gilt nun, die erzielten Erfolge im Rahmen eines sich abzeichnenden demographischen Wandels in der Justiz zu verteidigen und diesen Rechtsstaat auch mindestens für die nächsten 25 Jahre zukunftsfest zu machen:

  1. Der SPD-Landesverband spricht sich daher dafür aus, den Generationenwandel durch eine aktive Nachwuchspolitik in allen Bereichen der Justiz, einschließlich Justizvollzug, durch die Ausweisung entsprechend genügender Nachwuchsstellen und Ausbildungs- bzw. Einstellungskorridore zu begleiten.
  2. Für den Bereich der Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sollte dieser Einstellungskorridor mindestens 30 Rechtsassessoren pro Jahr betragen. In diesem Zusammenhang spricht sich der SPD Landesverband dafür aus, die jeweiligen Bestabsolventinnen und -absolventen des zweiten Staatsexamens in Brandenburg gezielt anzusprechen, sich für den Landesdienst in Brandenburg zu bewerben.
  3. Der SPD-Landesverband fordert die SPD-Landtagsfraktion dazu auf, diese Maßnahmen spätestens mit dem nächsten Haushaltsplan, wenn möglich bereits früher, umzusetzen.
  4. In diesem Zusammenhang fordert der SPD-Landesverband die SPD-Landtagsfraktion dazu auf zu prüfen, ob die seit einigen Jahren bestehenden Personalflexibilisierungsinstrumente im Rahmen der geltenden verfassungsrechtlichen Vorgaben in der Justiz ausgebaut werden können. Hierdurch soll eine zukünftig bessere Bewältigung schwankender Belastungen einzelner Gerichte und Staatsanwaltschaften sichergestellt werden.
Begründung:

Die Justiz des Landes Brandenburg kann auf einen mittlerweile 27 Jahre andauernden erfolgreichen Aufbau des Rechtsstaates in der Mark zurückblicken. Die Bürgerinnen und Bürger des Landes erhalten dadurch in der Regel einen schnellen und qualitativ hochwertigen Rechtsschutz, bzw. einen entsprechenden Schutz ihrer Sicherheit gegen Kriminelle. Die Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte haben jedoch im letzten Jahr eindrucksvoll darauf verwiesen, dass diese erfolgreiche Arbeit durch einen anstehenden Generationenwandel in der Justiz vor neue Herausforderungen gestellt wird. In den nächsten Jahren werden aufgrund einer unausgewogenen Altersstruktur des vorhandenen Personalkörpers viele Akteure der Justiz in ihren wohlverdienten Ruhestand treten. Dieser Generationenwechsel betrifft nahezu alle Bereiche: Egal ob Richter, Staatsanwälte, Geschäftsstellenmitarbeiter, Wachtmeister oder JVA-Bedienstete. In allen Bereichen wird es eine entsprechende Ruhestandswelle derzeitiger Bediensteter geben. Diesen Generationenwechsel in der Justiz ist ein Risiko, aber auch eine Chance für das Land Brandenburg.

Ein Risiko ist der Generationenwechsel insbesondere deswegen, weil mit den Stelleninhabern auch deren langjährige Erfahrung in den Ruhestand tritt. Um einen Erfahrungsaustausch von Alt nach Jung sicherzustellen und gleichzeitig u. a. alters- und krankheitsbedingt bestehende Altverfahrensbestände an den Gerichten und Staatsanwaltschaften abzubauen, erscheint eine rechtzeitige Ausweitung entsprechender Einstellungskorridore ratsam, wie es bereits von den meisten anderen ostdeutschen Ländern als Reaktion auf den anstehenden Generationenwechsel praktiziert wird. Hierdurch kann in zukünftigen Generationen die derzeit einseitig ausgeprägte Altersstruktur des Personalkörpers harmonisiert werden und der Erfahrungsaustausch sichergestellt werden. Zudem können hervorragend ausgebildete Fachkräfte frühzeitig an das Land Brandenburg gebunden werden, sodass das Land im Wettbewerb um die besten Köpfe gestärkt wird und bei jeder Kampagne des Assessorexamens jedem hervorragenden Absolventen bzw. Absolventin auch ein entsprechendes Übernahmeangebot unterbreiten kann. Auch dieses Modell wird bereits durch andere ostdeutsche Länder praktiziert. Hier ist es bereits üblich, dass gut geeignete Bewerberinnen und Bewerber ein entsprechendes Angebot auf Übernahme in den Justizdienst erhalten.

Zudem bietet der anstehende Generationenwandel aber auch die Chance, die Flexibilität des Justizapparates durch Ausweitung bereits erfolgreich angewendeter Personalflexibilisierungsmodelle zu erhöhen. Bislang führten entsprechende temporäre Klagewellen – z. B. an den Sozial- oder Verwaltungsgerichten – dazu, dass hier hohe Bestände an Altverfahren aufgebaut wurden, auf die nur verzögert durch Neueinstellungen reagiert werden konnte. Das Land Brandenburg hat hier in den letzten Jahren durch die rot-rote Landesregierung bereits erfolgreich ein „Proberichtermodell“ zum Einsatz gebracht, mit dem junge Kolleginnen und Kollegen nur phasenweise in bestimmten Gerichtsbarkeiten zum Abbau der Klagewellen eingesetzt werden, um anschließend in anderen Bereichen dauerhaft verwendet zu werden. Hierdurch konnten hohe Rückstände abgebaut werden. Andere ostdeutsche Länder, zum Beispiel der Freistaat Sachsen, wenden hier noch deutlich flexibilisierte Personalmodelle an, sodass entsprechend Reserven im System für temporäre Personalausfälle bestehen und aufgrund einer breitgefächerten Erfahrung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein flexibler Einsatz des Personals möglich bleibt. Ein breitgefächerter Einsatz während der Probezeit mit anschließender Lebenszeiternennung bei der Staatsanwaltschaft stellt hier die Flexibilität sicher. Gerade als Flächenland ist Brandenburg ebenfalls auf flexible Personaleinsatzmöglichkeiten im Rahmen der geltenden verfassungsrechtlichen Vorgaben angewiesen.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme

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