10/I/2025 Ausbau der Polen-Kompetenz an der Europa-Universität Viadrina

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Status:
Nicht abgestimmt

An der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) soll die Polen-Kompetenz mit einem international wahrgenommenen Lehr- und Forschungsangebot ausgebaut werden,

(1) um zur Stärkung des wissenschaftlichen Potentials der Universität und der Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen Polens beizutragen, insbesondere auch durch einen regelmäßigen Austausch zwischen Studierenden der Viadrina mit ihren Partneruniversitäten in Polen,

(2) um die Strahlkraft der Viadrina in den deutsch-polnischen Beziehungen zu erhöhen, indem eine vertiefte kritische Auseinandersetzung mit der wechselhaften Nachbarschaftsgeschichte im Kontext der europäischen Geschichte und der europäischen Integration ermöglicht wird,

(3) um die Zivilgesellschaften beider Länder und insbesondere das Verständnis um die gemeinsame Verflechtungsgeschichte zu fördern, indem wissenschaftliche Befunde öffentlichkeitswirksam vermittelt werden.

Die genannten Ziele sollen in enger Kooperation mit dem bereits existierenden Viadrina Center of Polish and Ukrainian Studies verwirklicht werden und dazu beitragen, ein sichtbar eigenes, mit der Verflechtungsgeschichte und ihren geschichtlichen Wandlungen verbundenes Profil zu entwickeln.

Begründung:

Die Viadrina ist als Europa-Universität die einzige internationale Universität des Landes Brandenburg und insbesondere der deutsch-polnischen Zusammenarbeit im Bereich von Wissenschaft und Kultur verpflichtet. Sie soll der gesamteuropäischen Integration Impulse geben. Um diese Arbeit zu stärken, ist die Erweiterung der Polenkompetenz am Viadrina Center of Polish and Ukrainian Studies sinnvoll und notwendig.

Konkret soll das Ziel erreicht werden durch

  1. eine Professur „Deutsch-Polnische Verflechtungsgeschichte des XVIII. bis XX. Jahrhunderts“, deren Arbeit die Interdependenzen, Einflüsse und Abhängigkeiten deutscher und polnischer Geschichte zur europäischen Geschichte aufzeigt;
  2. eine Professur für Transformationsforschung, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Polens als ein Beispiel für die Entwicklung von Ländern des ehemaligen Ostblocks analysiert, die sich enger an die Europäische Union anbinden wollen.

Die Professur für „Deutsch-Polnische Verflechtungsgeschichte des XVIII. bis XX. Jahrhunderts“ widmet sich der Zeit der imperialen Teilungen Polens im 18. Jahrhundert bis zu den deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs und ihren Folgen. Die Existenz Polens als geteilter Nation, die Zeit des Weltkrieges von 1914 bis 1918 im Osten, nationalstaatliche Entwicklung und Konfrontation, Flucht und Vertreibung von Polen und Juden nach dem Überfall 1939 sowie der Deutschen aus den ehemaligen Ostgebieten, kommen dabei in den Blick und eröffnen Perspektiven auf die Aussöhnung nach 1945 und die europäische Integration. Neben der reinen Politikgeschichte sind selbstverständlich Kultur-, Sozial- und Alltagsgeschichte der beiderseitigen Beziehungen Gegenstände der Forschung. Genauso selbstverständlich ist, dass die Multiethnizität der untersuchten Region berücksichtigt wird. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf die Kontaktzonen in den ehemals deutschen Gebieten Polens und den ehemals polnischen Gebieten der Ukraine und Belarus.

Die Professur für Transformationsforschung nimmt schwerpunktmäßig die Entwicklungen seit dem Ende der kommunistischen Herrschaft in den Blick, analysiert die Wege Polens zur Marktwirtschaft und zur Einbindung in die Europäische Union. Diese Entwicklungen bilden analytische Vergleichsfolien für die Entwicklungsprozesse anderer Länder, die sich ebenfalls der Europäischen Union annähern wollen.

Die Erweiterung der Polen-Kompetenz kann dank hoher Sichtbarkeit die Ausstrahlung und Bedeutung der Viadrina für die deutsch-polnische Verständigung fördern. Dies gelingt durch substantielle und interdisziplinäre Wissenschaft einerseits und andererseits durch deren öffentliche Vermittlung auf beiden Seiten der Oder – in den Medien, in der Politik, vor allem aber innerhalb der Gesellschaften. Eine Mitarbeit im deutsch-polnischen Netzwerk der Institutionen der Geschichtsvermittlung ist sinnvoll und notwendig.

Gerade vor dem Hintergrund aktueller Kontroversen wird das erweiterte Viadrina Center of Polish and Ukrainian Studies einen kritischen Blick auf die gemeinsame Geschichte werfen und deren positive wie negative Seiten beleuchten. Es arbeitet kontinuierlich vor allem mit Partnern in Deutschland und Polen zusammen. Mit wissenschaftlichen Formaten wie Publikationen, Konferenzen und Seminaren sowie öffentlicher Vermittlung in Podiumsdiskussionen, Beiträgen in alten und neuen Medien oder Ausstellungen bietet es eine breitenwirksame Orientierung. Insbesondere der Lehrstuhl für die Erforschung „Deutsch-Polnische Verflechtungsgeschichte des XVIII. bis XX. Jahrhunderts“ eröffnet auch eine Entwicklungsperspektive auf die Präsentation der Verflechtungsgeschichte, die weit gefasst in den Zusammenhängen europäischer Entwicklungen eingebunden wird und es wert ist, auch öffentlich in modernen musealen Formen präsentiert zu werden. Eine enge Kooperation des Viadrina Center of Polish and Ukrainian Studies mit Museen und historisch-politischen Initiativen wie dem Gedenkort für die Opfer Polens im II. Weltkrieg, ist naheliegend.

Das Lehrangebot in den interdisziplinären Studiengängen der Viadrina erreicht künftige Führungspersönlichkeiten jenseits der Fachhistorie, die nach dem Abschluss wichtige Mittlerfunktionen einnehmen. Obligatorischer Teil des Studiengangs ist der Erwerb der polnischen Fremdsprache (mindestens B1). Die Studiengänge tragen zur Stärkung der Zivilgesellschaft in beiden Ländern ebenso bei, wie zum internationalen wissenschaftlichen Renommee der Viadrina.

Sinnvoll wäre es zudem, der Viadrina die Möglichkeit zu eröffnen, auch Stipendien zu vergeben, um diese allgemein ausländischen Studenten anbieten zu können. Die Stipendien sollen sich primär an Studenten aus ostmittel- und osteuropäischen Ländern richten, auch solchen, die noch nicht Mitglieder der EU sind und eine Mitgliedschaft anstreben.

Der geforderte Ausbau des Viadrina Center of Polish and Ukrainian Studies sollte als ein zentrales Vorhaben der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit eine der Initiativen sein, die nun nach dem Regierungswechsel in Warschau zwischen der Bundesregierung und der Regierung in Warschau vereinbart werden können. Aus diesem Grund ist die Bundesregierung gebeten, das Vorhaben ebenfalls zu unterstützen.

Empfehlung der Antragskommission:
Ablehnung
Version der Antragskommission:

Der Antrag verkennt die bereits bestehende Polenkompetenz an der Viadrina und greift unzulässig in die Hochschulautonomie ein, indem er konkrete inhaltliche und strukturelle Vorgaben macht. Solche Entscheidungen – etwa zur Einrichtung von Professuren oder Studiengängen – liegen allein im Verantwortungsbereich der Hochschule und sind Teil eines laufenden Reformprozesses.

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