Eine sinnvolle Verkehrswende, kann nur gelingen, wenn der öffentliche Personennahverkehr so gestaltet wird, dass er für Autofahrende als Alternative attraktiv wird. Eine Stärkung des ÖPNV ist daher unabdingbar.
Ziele einer sozialdemokratischen Verkehrspolitik:
Wir bekennen uns zu einer sozialdemokratischen Verkehrspolitik; das heißt für uns:
Mobilität, nicht ein privates Auto zu besitzen, ist ein Recht, das jedem Menschen unabhängig von Bildung, Alter, Einkommen oder körperlicher Beeinträchtigung zusteht. Mobilität sollte im Idealfall die Gesundheit der Menschen fördern, in keinster Weise die Lebenszeit von Menschen verkürzen. Wir bekennen uns zur Vision Zero, die Vision einer Region ohne Verkehrstote, sowie zu CO2- und schadstofffreier Mobilität. Das Auto kann nicht das bevorzugte Verkehrsmittel sein, da etwa Kinder keine Autos fahren dürfen, viele Menschen im Zuge des Alterns irgendwann und einige etwa durch Beeinträchtigungen grundsätzlich kein Auto fahren können bzw. dürfen.
Wir weisen die Behauptung zurück, es gäbe Menschen, die in Mittel-, Großstädten oder Berlins Speckgürtel auf ein Auto angewiesen seien, entschieden zurück. Sie ist das Ergebnis einer jahrzehntelang fehlgeleiteten Verkehrspolitik, die nahezu ausschließlich auf das Auto ausgerichtet war. Wir fordern die sozialdemokratische Landesregierung sowie alle Genoss*innen auf, diese Behauptung ebenso entschieden abzulehnen und diese Fehlentwicklung zu korrigieren.
Neuordnung der Verkehrsflächen:
Wir fordern daher eine gerechte Aufteilung der Verkehrsräume, besonders in Städten und Speckgürteln. Wo Platz für zwei Autospuren pro Richtung ist, muss es auch Platz für einen sicheren, modernen Standards entsprechenden Radweg geben. Diese Standards umfassen mindestens eine bauliche Trennung von Auto- Bus- und Straßenbahnverkehr sowie von parkenden Autos sowie eine Breite von mindestens 2 Metern. Auf das gesetzliche Mindestmaß von 1,5 Metern sollte nur zurückgegriffen werden, wenn es verkehrstechnisch anders nicht möglich ist. Solange es mehr als 2 Fahrspuren pro Richtung für PKWs gibt, ist auch genügend Platz für einen 2 Meter breiten Radweg! Bestehende Radwege sollten auf den neuen Standard ausgebaut werden. Wir fordern alle Mittel- und Großstädte auf, den Grundsatz “Farbe ist keine Infrastruktur!” umzusetzen und neue sowie bestehende Fahrradwege entsprechend auszubauen. Wir fordern die Landesregierung auf, hierzu ein Zuschussprogramm aufzulegen, dessen Höhe sich an Mitteln zum Straßenbau orientiert und mindestens 60 Millionen € umfasst, was das doppelte der Kosten der Abschaffung der Straßenbaubeiträgen entspricht.
Wie (viel) darf Individualverkehr sein?
Ziel in brandenburgischen Universitätsstädten: Anteil des Autos am Modal Split auf 35% reduzieren. (Wie in Kopenhagen) Dennoch wird der Individualverkehr auch langfristig nicht vollständig durch den ÖPNV und Regionalverkehr ersetzbar sein. Skandale, wie der Dieselskandal und die zunehmende Knappheit von Rohöl auf der Erde, zeigen, dass der Individualverkehr mit Verbrennungsantrieben keine Zukunft haben kann und darf. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Elektrofahrzeuge in jedem Fall, auch bei CO2-intensiver Stromproduktion, das Klima weniger belasten.
In der Folge, ergibt sich, dass Elektro bzw. batteriebetriebene PKW die einzige ernstzunehmende Alternative zu den Verbrennungsmotoren aktuell sind. Um dennoch die umwelt- und kostenfreundlichste Produktion zu ermöglichen, muss es Autofahrenden möglich sein, eigenen Strom über hauseigene Solarpaneele zu produzieren und rechtliche Hürden soweit möglich abzubauen. Wasserstoff- bzw. Brennstoffzellenautos haben aktuell durch den schlechten Wirkungsgrad und die hohen wirtschaftlichen Kosten bei dem Bau von Tankstellen einen erheblichen Wettbewerbsnachteil und können daher zeitnahe nicht die dringend nötige Kompensation der CO2-Emissionen erbringen.
Stichpunkt Taktung:
Für eine echte Verkehrswende ist ein attraktiver öffentlicher Nah- und Fernverkehr notwendig. Eine Möglichkeit diese Attraktivität zu erhöhen ist eine bessere Nutzbarkeit der verschiedenen Verkehrsmittel. Hierzu gehört unter anderem die Vertaktung, die im Regionalverkehr in den Bundesländern schon Realität ist. Bundesweit ist der sogenannte ‘Deutschlandtakt’, ein integrierter Taktfahrplan, in Planung. Hierbei sollen Züge des Nah- und Fernverkehrs nach einem Takt von höchstens 30 bzw. 60 Minuten zwischen Orten verkehren. Abfahrts- und Ankunftszeiten von Zügen so gelegt werden, dass ein einfacherer Umstieg an Knotenpunkten möglich ist. Mit Abfahrtszeiten zur gleichen Minute an großen Bahnhöfen. Ziel sind häufigere und komfortablere Verbindungen ab 2030. Die Regierung des Landes Brandenburg hat sich bereits in ihrem Landesnahverkehrsplan 2018 zum Deutschlandtakt bekannt und Pläne vorgestellt, diesen in Brandenburg umzusetzen.
Bisher ist als Ziel im Landesnahverkehrsplan 2018 jedoch nur ein Ausbau des Fernverkehrs zu einem Zweistundentakt zwischen den sogenannten Oberzentren vorgesehen. Dies ist jedoch nicht ausreichend für die Pläne zur Umsetzung des ‘Deutschlandtakts’. Wir fordern daher, für die derzeit in Entwicklung befindliche ‘Mobilitätsstrategie’, die Planungen auf einen 30 bzw. 60 minütigen Takt auszurichten. Für den Nordosten (Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern) wurde für den geplanten ‘Deutschlandtakt’ ein Zielfahrplan erstellt. Dieser enthält jedoch aus unserer Sicht und aus der von Verbänden einige Mängel. So sind etwa auch Fernverkehrszüge vorgesehen, die nur zweistündlich verkehren. Entscheidender aber ist überhaupt der Anschluss an den Fernverkehr. Für die Landeshauptstadt Potsdam fällt der Fernverkehrsanschluss möglicherweise vollständig weg. Laut Planung ist ein zweistündiger ‘FR’ zwischen Magdeburg und Berlin über Potsdam vorgesehen. ‘FR’ steht für Fernverkehr oder ‘schnellen Regionalverkehr’. Ebenso ist von Berlin in Richtung Norden an die Ostsee nur ‘FR’ (zweistündig) vorgesehen. Das bedeutet auch hier den möglichen Wegfall des Fernverkehrs. Auch für die Lausitz stellen sich durch die heutige Planung Probleme. Laut Fahrgastverband proBahn werden zum Beispiel aus Richtung Cottbus die Fernverkehrszüge in Leipzig um wenige Minuten verpasst. Damit wäre der angedachte komfortable Umstieg zwischen Nah- und Fernverkehr zunichte.
Wir fordern daher die Landesregierung auf, mit dem Bundesverkehrsministerium und den zuständigen Behörden die Planungen dahingehend zu überarbeiten, Umstiege zum Fernverkehr gemäß den Ideen des ‘Deutschlandtakts’ zu ermöglichen. Zudem muss der Erhalt bestehender Fernverkehrsverbindung eine Selbstverständlichkeit sein.
Jedoch ist eine Vertaktung des Schienenverkehrs nicht allein entscheidend. Es kommt auch auf den Anschluss an andere Verkehrsmittel an. Hier nimmt gerade in ländlichen Regionen der Busverkehr eine besondere Stellung ein. Seit 2014 gibt es in Brandenburg die sogenannten ‘PlusBusse’, die wochentags und auch am Wochenende nach festen Takten fahren. So gilt eine Mindestanzahl von 15 Fahrtenpaaren unter der Woche und 12 am Wochenende. Des Weiteren und entscheidend für die Vernetzung der Verkehrsmittel untereinander ist ein Übergang an Bahnhöfen zum Zug mit höchstens 15 Minuten Umsteigezeit.
In ihrem Landesnahverkehrsplan 2018 stellt die Landesregierung den regionalen Nahverkehrsanbietern (Landkreise und kreisfreie Städte) Mittel zur Verfügung zur Errichtung von PlusBus-Linien. Bisher haben noch längst nicht alle Anbieter dies angenommen, daher ist das Liniennetz noch recht dünn (Stand Juli).
Diesen Jahres gibt es 27 Linien in 10 Landkreisen und kreisfreien Städten. In Frankfurt (Oder) und den Landkreisen Oberhavel, Oder-Spree und Oberspreewald-Lausitz gibt es bis heute noch keine Linien. Dabei wäre es ideal, vertaktete Buslinien passend zu den Zügen an Bahnhöfen ankommen bzw. abfahren zu lassen. Für Orte, in denen keine PlusBus-Linien eingerichtet werden können, sollen andere Formen des ÖPNV entwickelt und eingerichtet werden. Hierbei ist auch darauf zu achten, dass der für die Nutzung dieser Angebote notwendige zeitliche und organisatorische Aufwand (z.B. notwendige Frist der Anmeldung bei Rufbussen, Ort der Abfahrt und Rufen des Verkehrsmittels) möglichst gering bleibt und keine Zusatzkosten für die Nutzung über den regulären VBB-Tarif hinaus erhoben wird. Die Nutzerzahlen von sowohl Bus, als auch Bahn ließen sich so gerade im ländlichen Raum steigern.
Daher fordern wir die Landesregierung auf, den Landkreisen bessere Anreize zu bieten, ob bei Planungen oder Anschaffung der Busse. Ziel muss es sein, jede Bahnstation an dieses Netz anzuschließen. (Ausgenommen jene, die durch andere Verkehrsmittel wie Tram oder regelmäßige Stadtbusse angeschlossen sind).
Stichpunkt Fahrrad:
Als klimafreundliches Fortbewegungsmittel sollte auch das Fahrrad eine wichtige Rolle spielen. Im Zuge der Förderung solcher Fortbewegungsmittel sind auch Radschnellwege eine Möglichkeit, die in Betracht gezogen werden sollte. Zum Beispiel als schnelle Verbindungen zwischen Kommunen des ‘Speckgürtels’ und Berlin. Eine Errichtung von Radschnellwegen auf stillgelegten Eisenbahntrassen lehnen wir ab, da so eine mögliche späterer Reaktivierung dieser erschwert oder verhindert würde.
Andere Bundesländer planen oder bauen bereits Radschnellweg-Netze. Ein Erfahrungsaustausch mit diesen ist sinnvoll.
Ridesharing:
Wir fordern das Land Brandenburg auf, den Kommunen Plattformen für Ridesharing-Modelle zur Verfügung zu stellen. Dadurch soll Bürger*innen vor Ort die Möglichkeit zur Vernetzung ihrer Autofahrten gegeben werden. Ziel ist es, insgesamt Fahrten zu sparen und im Gegensatz zu den Flotten von Carsharing-Unternehmen nicht mehr, sondern besser weniger Verkehr auf den Straßen zu haben. Ein möglicher positiver Nebeneffekt wäre in kleinen Orten eine Stärkung des Gemeinschaftsgefühls. Autonomes Fahren könnte in der Zukunft im lokalen ÖPNV im ländlichen Raum eine Rolle spielen. Wir fordern daher ein Modellprojekt zur Erforschung von autonomen Kleinbussen in kleinen Gemeinden. Dies kann zur sinnvollen und effizienten Nutzung von Wegen dienen. Außerdem kann so eine Anbindung an Regionalbahnstrecken verbessert werden.
Schiene:
Wir fordern das Land Brandenburg auf die WSB Mittel so zu verwenden, dass Straße und Schiene paritätisch ausgebaut werden, also pro zugebautem Kilometer Straße auch ein Kilometer Schiene neu gebaut wird, wobei die Reaktivierung von Schienen nicht als Neubau zählt. 30 Jahre nach der Wiedervereinigung blickt man zurück auf ein großes Reservat stillgelegter Schienenstrecken, auch in Brandenburg. Zwar werden die Stimmen lauter, bestimmte Abteile zu reaktivieren. Doch es ist und bleibt auch in dieser Zeit von großer Bedeutung, so viele stillgelegte Schienen wie möglich zu erschließen. Anhand fehlender Anbindung bleibt auch die Trennung von Stadt und Land weiterhin von großer Bedeutung. Und doch ist es Pflicht und Aufgabe, den Menschen im Lande Brandenburg eine ausreichende und gute Anbindung zu bereiten, damit man nicht auf das Kraftfahrzeug angewiesen ist, oder wenn, nur noch im kleineren Maße. Seit 2018 und 2019 kommt ein Umdenken im Bereich der Verkehrsgestaltung. Man muss jedoch jetzt beginnen, den Menschen in diesem Land die nötigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, sodass mit einem verstärkten Wandel in der Verkehrspolitik nicht noch mehr Bürgerinnen und Bürger abgehängt werden. Ziel soll es daher sein, nicht nur einen minimalen Teil der Schienennetze zu reaktivieren, sondern selbige auf ein Maximum zu erhöhen. Des Weiteren sollen auch mehr Züge auf den Schienen rollen, sodass auch eine nötige Anbindung gewährleistet wird, sodass bewusst auf das Kraftfahrzeug verzichtet werden kann. Dafür soll vor allem das Land weiterhin für Sorgen, diesen Ausbau so intensiv wie möglich zu betreiben. Darüber hinaus sollen auch die Züge öfter und länger fahren, sodass man auch in den Abendstunden und nicht nur im Berufsverkehr nach Hause oder in die Stadt kommt. Mithin ist und bleibt es möglich, den Fahrzeugverkehr auf dem Lande und in den Städten zu reduzieren – einen Schritt hin zu einer klimafreundlichen Zukunft, von der alle Menschen profitieren.
Aktuell wird der Großteil des Schienenverkehrs zwischen dem Land Brandenburg und dem Land Berlin über die West-Ost abgewickelt. Die aktuellen Planungen, die sogenannte “Alte Stammbahn” über Kleinmachnow und Dreilinden zu reaktivieren, sind ausdrücklich zu unterstützen.
Dies würde eine erhebliche umweltfreundliche Entlastung, des Pendelverkehrs zwischen Berlin und Brandenburg bedeuten. Wir begrüßen ebenfalls den dritten Entwurf des Bundes im Projekt “Deutschlandtakt” ausdrücklich, die Planungen Regional- und S-Bahnverkehr auf der neuen Stammbahn über Kleinmachnow (Düppel) und Europarc zu ermöglichen.
Ein weiterer Missstand findet sich in der Gestaltung der Tarife des ÖPNV. Zwar ist anzumerken, dass dieser im Verhältnis zu anderen Bundesländern geringer ist. Doch trotzdem ist und bleibt der Fahrpreis für viele Haushalte immer noch hoch. Nicht nur für Studierende ist die Erhöhung der Semesterkosten durch steigende Tarife für einige nicht oder nur schwer zu bewerkstelligen. Auch andere Jugendliche und junge Erwachsene sind durch die steigenden Kosten maximal belastet. Indes sollen die Tarife des VBB neu durchdacht werden. Dafür soll das Land Brandenburg kraft seines 1/3-Anteils in die Pflicht genommen werden, bei den Tarifverhandlungen mit Finanzkraft neben einer allgemeinen Tarifsenkung auch das 365€ Ticket durchzusetzen. Vor allem sollen die Kommunen hierbei Entlastung erfahren. Gegebenenfalls muss auch der Bund kraft seines Einflusses auf die Deutsche Bahn hinzugezogen werden, sodass in Zukunft eine effektive Nutzung des ÖPNV für alle Menschen des Landes Brandenburgs zugänglich gemacht wird, unabhängig ihres Einkommens.